Brauchtum im Wandel der Zeit

von Dr. Uwe Ehrenhöfer

Die sogenannte  „Wilde Jagd“ oder anders ausgedrückt, das Klausentreiben, ist eines der ältesten indogermanischen Motive, Fruchtbarkeitsfeiern und Kontrollrituale, deren Alter nicht genau zu bestimmen ist.

 

Die Verbreitung ähnlicher Motive ist allerdings nicht nur auf Deutschland und den Alpenraum beschränkt. Sagenmotive und Brauchtum, die auf die Wilde Jagd zurückführen, finden sich auch im eigentlichen indogermanischen Siedlungsraum, dem heutigen Iran und im gesamten Indoeuropäischen Verbreitungsgebiet, d.h. das gesamte Europa und Skandinavien, das slawische Siedlungsgebiet, im Kaukasus, in Indien und Zentralasien.

 

(Kris Kershaw: Odin - der einäugige Gott und die indogermanischen Männerbünde, Arun-Verlag, Uhlstädt-Kirchhasel 2003).

 

Somit dürften die Mythen um die Wilde Jagd deutlich älter als 5000 Jahre sein.

 

In der germanischen Religionsgeschichte und in alten Quellen wird dabei berichtet, dass die Wilde Jagd von Wotan angeführt wird, der begleitet wird von Huldra, "der Strahlenden", auch bekannt als Frau Holle. Huldra ist die alte Bezeichnung im Mitteldeutschen Raum, heute Hessen, Niedersachsen und Thüringen.

 

Im Süden lautet die Übersetzung  der "Strahlenden, Schönen" beraht oder perht: die Perchta, die den Perchtenläufen auch heute noch den Namen gibt. Auch der sogenannte „Ruprecht“ (von Raue (Wilde) Percht, s.a. Schiachpercht) weist noch heute auf die Verbindung der Perchtenläufe mit der Wilden Jagd hin.

 

(Erika Timm: Frau Holle, Frau Percht und verwandte Gestalten.  Hirzel Verlag, Stuttgart 2003)

 

Dass die Versuche der Kirche, diese Bräuche zu unterbinden, vergeblich waren, lässt sich an den zahlreichen Volkssagen und Aufzeichnungen ersehen, wobei die ersten Niederschriften seit der Völkerwanderungszeit in das 12. Jhdt. zurückzuführen sind.

 

Abgesehen von den jüngeren skandinavischen Liedsammlungen und Sagas, die die Asgardsreia (die skandinavische Version der Wilden Jagd) beschreiben. Eine volkskundliche wissenschaftliche Beschäftigung damit fand erst im 19. Jhdt. statt.

 

Und so versuchte die Kirche, diesen Brauch zu christianisieren, indem die Wilde Jagd als Relikt aus heidnischen Zeiten dämonisiert wurde und ihr als (christlich gesehen) positive Gestalt St. Nikolaus vorangestellt wurde.

 

Heutzutage ist der heilige Nikolaus die Leitfigur der Klausen, die seinem Worte Folge leisten müssen. Noch Anfang des 19.Jhdt begleitete im Lechtal Wotan (bzw. im Volksmund Wuotes) als Wilder Jäger den Heiligen beim St.Nikolaus-Umzug.

 

Aus ihm entwickelte sich in den Sagen der "Böse Klaus" und schließlich die Klausen, Gestalten ähnlich dem Knecht Ruprecht in nördlicheren Regionen.

 

Allerdings gibt es keine zeitlich und räumlich kontinuierlichen Traditionen, vielmehr veränderten sich  die dazugehörigen Trachten und Sitten  im Laufe der Jahrhunderte regional unterschiedlich. Auf alten Stichen sieht man nur wenig vermummte Männer, mit geschwärzten Gesichtern und Hörnern oder Hüten am Kopf, ähnlich wie noch heute im Allgäu.

 

Woanders eher tierische Gestalten wie z.B. in Berchtesgadener Land oder im Pinzgau.

 

Im Salzburger Land finden sich frauenartige Gestalten mit Schnäbeln, im katholischen Österreich stark teuflisch dargestellte Gestalten, die wegen ihrer Klauen "Krampusse" genannt werden, während man bei den „Chlausen“ im schweizerischen Appenzell mit ihren pflanzlich anmutenden Häs noch die Bedeutung dieses Rituals für die Fruchtbarkeit erkennen kann.

 

Auch in Schweden, Dänemark sowie Teilen Norwegens und Norddeutschlands gibt es noch heute ähnliche Rituale.

 

Alle diese Traditionen gehen aber auf die Wilde Jagd zurück und haben dieselben Wurzeln, auch wenn die Ausführung und die optische Darstellung sich unterscheiden.

 

Man kann an den bisher Gesagtem leicht erkennen, dass sich die Tradition in 200 Jahren schon massiv verändert hat:

 

Ursprünglich waren die Klausen mit verrußten Gesichtern, Hüten und allerlei Gestrüpp und Kuhhäuten unterwegs. Nach und nach fanden Holzmasken, die teuflische Fratzen darstellten, immer mehr Verwendung. Im Laufe der Jahre bürgerten sich auch Fell- und Ledermasken ein die heutzutage besonders im Allgäuer Raum überwiegen. So veränderte sich das Aussehen der Klausen im Laufe der Jahrhunderte ständig.

 

Mittlerweile werden Felle, Tierhäute, Holzmasken und die furchteinflößenden Hörner, auf verschiedenste Arten in Szene gesetzt. Die Schellengröße variiert von kleinen Ketten, bis hin zu riesigen Zugschellen.

 

Bis in die heutige Zeit beeindrucken die Klausen ständig mit neuen Ideen und Innovationen, basierend auf diesen Grundlagen.

 

Es ist faszinierend, mit anzusehen, wie sich dieser Brauch an die heutige Zeit angepasst und erhalten hat. Die vielen Formen seiner Ausübung sind der Beweis für die erstaunlichen regionalen Unterschiede.

 

Bräuche sind in keiner Form statisch, sondern entwickeln sich, wachsen – oder vergehen – mit den Menschen die es ausüben.

 

Einige Passagen gleichen dem Artikel "Brauchtumskunde"

Hier wurden die gleichen Quellen verwendet.

 

Vielen Dank an den Brauchtumsforscher Dr. Uwe Ehrenhöfer der diesen Artikel für uns geschrieben hat.

 

Geschrieben von Marius

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Freitag, 24. Dezember 2010

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